Vorwort des Vorsitzenden

Liebe Mitglieder und Freunde des Sudetendeutschen Priesterwerks,
„Remigration“ - Das Unwort des Jahres 2023 hat im Zusammenhang mit einer konspirativen Tagung am Beginn des Jahres die Menschen auf die Straßen getrieben. Eine differenziert zu betrachtende und leider nicht leicht lösbare Frage, die der Migration, wird in unverantwortlicher Weise instrumentalisiert um tot geglaubte Schreckgespenster zum Leben zu erwecken. Zwölf Jahre von 1000 haben einst gereicht, um die ganze Welt in einen sechsjährigen Krieg und unvorstellbares Leid zu stürzen, nicht zuletzt das Unrecht der Vertreibung.
Ist Kruschina als Name nun „deutsch“ genug oder gehöre ich remigriert? Wer oder was entscheidet – wieder einmal – wer was wert ist? Als Christen haben wir ein vollkommen klares Menschenbild, das sich auch in die Menschenrechte eingegossen hat: Der Mensch ist Gottes Ebenbild, darum ist seine Würde unantastbar. Meine Oma hat immer aus dem Fenster im Fichtelgebirge geschaut und den Schönhengst gesucht, meine Onkel wollten „nie mehr rüber“. Das sind nur zwei kleine, persönliche Aspekte zur Frage einer „Remigration“. Auch wer Vertreibung nicht mehr persönlich erlebt hat, trägt sie noch für wenigstens eine Generation als „Familienprägung“ mit sich herum, darum haben wir schwurbelnden Mitbürgern schon etwas zu erwidern!
Remigration, ja, im Sinne einer Offenheit für „hüben und drüben“, für Brückenschlag und offene Tür, für Wertschätzung und Solidarität: das erlebe ich seit vielen Jahren in der konkreten Tätigkeit unseres Priesterwerkes. Den Schatz unseres Glaubens, einander als Schwestern und Brüder zu sehen und danach zu handeln, gilt es gerade in diesen Zeiten offen und offensiv zu bezeugen. In unserer Diözese Regensburg feiern wir heuer den Heiligen Wolfgang anlässlich der 1100sten Wiederkehr seines Geburtstages. Er hat ja Prag „freigegeben“ und gleichzeitig ein Europa ohne Grenzen im modernen Sinn erlebt. Danken wir Gott, für alles, was wir uns an Frieden und Freiheit haben erwerben können und reden und handeln wir so, dass sie uns erhalten bleiben.

Ihr
Pfr. Holger Kruschina

Ostergruß des Vertriebenenbischofs

Emmaus – Gemälde von Gebhard Fugel
Die Emmauserzählung beschreibt eine Christuserfahrung, die man eigentlich nicht beschreiben kann. Sie erzählt von den vielen Fragen, die entstehen, wenn berichtet wird: „Der Gekreuzigte lebt wieder!“ Sie entstehen, wenn erzählt wird: „Er war an unserem Tisch und wir haben ihn erkannt, als er das Brot brach!“ Sie wollten sagen: Das, was wir uns im Herzen gewünscht haben, ist eingetreten, aber wir konnten es nicht begreifen oder sogar festhalten, damit wir es auch anderen zeigen können. Ostern ist voller Sehnsucht und mit wunderbaren Antworten, bei denen unser Herz antwortet: „Ja!“ und unser Verstand sagt: „Das ist nicht möglich!“ Wem glauben wir?
Der Maler Gebhard Fugel (1863-1953), der durch zahlreiche Passionsbilder bekannt geworden ist, hat auch dieses Osterbild gemalt. Es zeigt wohl die Einladung der Emmausjünger an den Auferstandenen, den sie als Begleiter auf ihrem Heimweg erfahren und der ihnen in ihrer Traurigkeit helfen will. Sie berichten dem Wanderer, wie groß ihre Hoffnung war, dass Jesus von Nazareth der Messias ist, der die politische und religiöse Führung des Volkes Israel wieder übernimmt. „Wir aber hatten gehofft..!“ sagen sie und bringen damit ihre Enttäuschung zum Ausdruck, das alles anders gekommen ist, als sie es erhofft hatten. Weil aber die religiösen Führer seine Hinrichtung verursacht hatten, scheinen die Emmausjünger auch der Meinung zu sein, dass alles seine Richtigkeit hatte und Jesus von Nazareth doch nicht der Messias war.
Die Einladung in das Haus war für die Emmausjünger ein Angebot, das sie auch jedem anderen Wanderer gemacht hätten. Hier jedoch beginnt damit für sie der Verkündigungsdienst des Auferstandenen. Aus der traditionellen Geste wird ein Aufbruch in ein neues Denken.
„Bleibe bei uns!“ – ein schönes Wort, das Sorge um den Gast und auch Freude an der Gemeinschaft mit ihm zum Ausdruck bringt. Dass Jesus, dem Auferstandenen, in der Nacht etwas zustößt, darum müssen wir uns nicht sorgen, denn sein neues Leben ist frei von Tod und Gefahr. Dieses Wort kann aber unsere Freude ausdrücken, die wir haben, wenn wir Jesus Christus in unserer Nähe wissen: beim Brechen des eucharistischen Brotes und auch bei den Tischgemeinschaften, die wir in unseren Wohnungen haben. Im Gottesdienst ist es üblich, die biblischen Texte zu hören, die vom neuen Leben Jesu und der Überraschung seiner Jünger berichten. Bei uns zu Hause sollten diese biblischen Gedanken auch eine Rolle spielen, wenn wir zu Gott beten und ihn um seinen Segen für unser Zuhause und die Speisen auf dem Tisch bitten. Ostern ist immer ein guter Anlass, die Gemeinschaft mit dem Auferstandenen neu zu suchen und ihn in unser Leben neu einzuladen. Ich bin sicher, dass dann das Osterlicht in unserem Leben neu aufleuchtet.
Ich wünsche Ihnen an diesem Osterfest 2024 die Freude am Sieg Jesu Christi über allen Zweifel, ob es gut ist, ihn in das Leben einzuladen.

In österlicher Freude grüßt Sie
Weihbischof Dr. Reinhard Hauke

Ostergruß des Präses der Sudetendeutschen

Liebe Schwestern und Brüder,
bei der Segnung einer Wohnung betet der Priester oder Diakon: „Lasst uns nicht vergessen, dass unsere irdische Wohnung einst abgebrochen wird und dass wir berufen sind zu ewigen Gemeinschaft mit dir.“
Ostern feiern bedeutet: Sich nach Geborgenheit bei Gott sehnen und in allem, was hier schon Geborgenheit geben kann, einen Vorgeschmack der himmlischen Herrlichkeit erkennen und sich daran freuen.
Jesus beschreibt das Leben nach dem Tod im Bild der Wohnung. Wohnung bei Gott gefunden zu haben, Geborgenheit bei Gott – das ist es, was wir Menschen letzten Endes suchen in einer Welt voller Hauslosigkeit, Flucht und Vertreibung!
Das ist letztlich die frohe Botschaft von Ostern – Jesus öffnet in seiner Auferstehung uns den Weg in die Wohnungen des Vaters!
Liebe Schwestern, liebe Brüder, gehen wir den Weg Jesu und sagen es allen Menschen: Heute ist der Dritte Tag, der Tag der Auferstehung! Fürchtet euch nicht, denn ich bin bei Euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

In diesem Sinne
Frohe und gesegnete Ostern!
Ihr und Euer Dieter Olbrich

Josef Kraft – ein großer Priester in bewegter Zeit

Josef Kraft wurde am 10. März 1877 im niederösterreichischen Streitdorf geboren. Seit seinem sechsten Lebensjahr wuchs er in der mährischen Müglitz auf. Seit 1889 studierte er im Erzbischöflichen Knabenseminar in Kremsier. Nachdem er im Juli 1896 die Reifeprüfung bestanden hatte, bewarb er sich beim Erzbischof von Olmütz, Theodor Kohn, um Erlaubnis, Priester zu werden. Aufgrund seiner außergewöhnlichen Begabung und Sprachkenntnisse wurde er zum Theologiestudium an die Gregorianische Universität in Rom geschickt. Als Theologe der Erzdiözese Olmütz wurde er im Päpstlichen Kolleg Germanicum et Hungaricum untergebracht. Hier erwarb er den Doktortitel in Philosophie und Theologie, sowie einen Bachelortitel in Kirchenrecht und wurde am 28. Oktober 1902 zum Priester geweiht.
Als er Anfang August 1903 in seine Heimatdiözese zurückkehrte, wurde er zum Meister des erzbischöflichen Haushalts ernannt. In dieser Funktion begleitete er Erzbischof Theodor Kohn auf seiner Reise nach Rom, war Zeuge seines Rücktritts und begleitete ihn anschließend ins Exil nach Ebensee in Oberösterreich.
Nach seiner Rückkehr in die Heimat wurde P. Josef Kraft 1904 zum Katecheten in Fulnek und fünf Jahre später, 1909, zum Katecheten in Olmütz ernannt. Zu seinen Aufgaben gehörte nicht nur der Religionsunterricht, sondern auch die geistliche Betreuung der ihm anvertrauten Schüler.
Als beliebter Prediger wurde er in die deutschsprachigen Pfarreien der Olmützer Erzdiözese eingeladen. Er engagierte sich für den Deutschen Marianischen Frauen- und Mädchenverein in Olmütz.
Dr. Josef Kraft widmete sich auch dem gesellschaftlichen Leben. Er beteiligte sich an den Aktivitäten des örtlichen Christlich-sozialen Vereins für Olmütz und Umgebung. Er wurde auch Mitglied des Landesverbands des christlichen Deutschen Mährens. Als Mitglied des Piusvereins zur Förderung der katholischen Presse Österreichs arbeitete er von 1912-1918 als Redakteur der deutschen katholischen Tageszeitung  „Neue mährisch-schlesische Presse.“
Nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik im Jahr 1918 engagierte er sich im neu gegründeten Volksbund der deutschen Katholiken für Mähren und Schlesien. Dieser Verband war zwischen den Weltkriegen der wichtigste und zugleich der einigende Verband und auch der faktische Repräsentant des deutschen katholischen Lebens in der Erzdiözese Olomouc. Er organisierte Diözesankongresse der deutschen Katholiken, gab die Tageszeitung "Das Volk" heraus, organisierte Wallfahrten und Pilgerreisen, Bildungsvorträge und Berufsausbildungen. Der Volksverein wurde auch zum Vollstrecker der Agenda der Katholischen Aktion im deutschsprachigen Teil der Erzdiözese Olmütz. Dr. Kraft wurde Mitglied der Leitung des Volksvereins und war nicht nur als Funktionär der Katholischen Aktion, sondern auch durch seine Persönlichkeit ein wichtiges prägendes Element für die deutsche katholische Gemeinschaft im Sinne der Katholischen Aktion.
Dr. Josef Krafts Herz schlug für die Arbeit mit der Jugend. Ihr widmete er fast sein ganzes priesterliches Leben, nicht nur als Lehrer an Schulen, wie oben beschrieben, sondern auch in verschiedenen Jugendverbänden. Er war Mitglied im Diözesanverband der katholischen Jugend der Erzdiözese Olmütz und seit 1927 deren Vorsitzender. Er beteiligte sich aktiv an der Bildung der Jugend sowohl mit fachlichen und informativen Vorträgen als auch mit wohlformulierten Reden, besonders bei Exerzitien, bei den Diözesanverbandstagen der katholischen deutschen Jugend und Gemeinschaftswochen. Auch auf der Ebene des Reichsbundes der Deutschen Katholischen Jugend wurde Dr. Josef Kraft häufig als Referent eingeladen.
1933 wurde er Kanoniker des Metropolitankapitels St. Wenzel in Olmütz. Er wurde zum Kanonikus-Theologe ernannt. Dies zeigte, wie sehr der Erzbischof von Olmütz seine theologischen Fachkenntnisse schätzte. Mit dieser Ernennung wurde Josef Kraft von der Last des Lehrerberufs befreit und er widmete sich umso mehr zwei weiteren Vereinigungen: dem Verein der deutschen katholischen Geistlichkeit der Erzdiözese Olmütz und dem Deutschen Caritasverband der Erzdiözese Olmütz.
Nach der Unterzeichnung des Münchner Abkommens am 29. September 1938 und der anschließenden Besetzung der tschechoslowakischen Grenzgebiete durch die deutsche Wehrmacht änderte sich die Situation grundlegend. Die Erzdiözese wurde durch eine neue Staatsgrenze geteilt. Die geistliche Verwaltung des neu geschaffenen so genannten sudetendeutschen Teils der Erzdiözese Olmütz wurde dem Generalvikar Josef Martin Nathan mit Sitz in Branice übertragen, der bis dahin für den so genannten preußischen Teil der Erzdiözese Olmütz zuständig war. Er übernahm die Leitung der pastoralen Strukturen für die große Mehrheit der Katholiken deutscher Nationalität in der Erzdiözese Olmütz.
Im Protektorat Böhmen und Mähren gab es nur noch wenige sprachlich gemischte Pfarreien, vor allem in Olmütz und seiner unmittelbaren Umgebung. Zum Beauftragten für die Seelsorge an den Katholiken deutscher Nationalität wurde Dr. Josef Kraft ernannt. Seine neue Aufgabe bestand nicht nur in der Seelsorge (in) der Gemeinde der Katholiken deutscher Nationalität, sondern – was viel wichtiger und empfindlicher war – er wurde als Vertreter der deutschen Katholiken im Protektoratsteil der Olmützer Erzdiözese zum Ansprechpartner für Verhandlungen mit den deutschen und tschechischen weltlichen Behörden und musste trotz aller politischen und nationalen Zwänge eine christliche und kirchliche Haltung bewahren. Wie er diese de facto letzte pastorale Aufgabe, die ihm der Erzbischof von Olmütz anvertraut hatte, bewältigte, geht aus den Zeugnissen tschechischer Priester hervor, die er später – 1945 – seinem Antrag auf Beibehaltung der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft beifügte, die ihm, wenn auch nur vorläufig, dennoch gewährt wurde. Bevor sein Antrag jedoch endgültig bearbeitet werden konnte, starb Dr. Kraft. Er starb im Alter von 69 Jahren am Donnerstag, den 14. November 1946. Seine sterblichen Überreste wurden in einem Grab auf dem Zentralfriedhof in Olmütz-Neretein beigesetzt.
Der Erzbischof, der an der Beerdigung nicht teilnehmen konnte, hat am 26. November 1946 ein Schreiben an das Metropolitankapitel geschickt, in dem er nicht nur seine Trauerteilnahme bekräftigte, sondern auch sein Mitgefühl für die Person des verstorbenen Priesters zum Ausdruck brachte, indem er schrieb: "...auch auf diese Weise bringe ich meine Teilnahme am Verlust dieses treuen Mitbruders von Ihnen zum Ausdruck, eines gelehrten und verdienstvollen Priesters, dessen vorbildliches Leben, apostolischer Eifer und Treue zum Heiligen Vater und zum Diözesanbischof jedem Priester ein Beispiel sein können."[1]
Was ist das Vermächtnis von Dr. Joseph Krafts Leben und Werk? Neben den persönlichen Qualitäten, die Erzbischof Prečan von Olmütz oben skizziert hat, ist dies in drei Bereichen der pastoralen Arbeit zu sehen. An erster Stelle steht seine Arbeit unter der deutschen katholischen Jugend, zweitens seine Sorge um die geistliche Bildung von Priestern, Jugendlichen und Erwachsenen durch die Liturgische Bewegung und drittens sein Wirken in der Katholischen Aktion in der Erzdiözese Olmütz.

Dr. Jan Larisch
Caritasdirektor in Ostrau/Ostrava

[1] ZA Opava, p. Olomouc, fond Arcibiskupství olomoucké, inv. č. 2574, sg. DM1pre1/2, 1942 – 1946, k. č. 824, f. 8: Nejdůstojnější metropolitní kapitula v Olomouci.

Als Mensch unter Menschen leben

Der aus Zwittau stammende Kapuzinerpater Clemens Habiger setzt sich für Bedürftige und Notleidende ein.
In Regensburg, seinem Wirkungsort seit 1970, ist er in vielfacher Hinsicht bekannt: durch sein Auto, einen R4 Baujahr 1978, durch sein Leben außerhalb der Klostermauern und vor allem durch sein Engagement für Bedürftige und Notleidende – christliche Nächstenliebe ohne Kompromisse. Doch für Kapuzinerpater Clemens Habiger bedeutet auch sein Geburtsort, das mährische Zwittau/Svitavy im Schönhengstgau in der Diözese Olmütz, sehr viel. „Zwittau und Assisi möchte ich noch einmal besuchen“, gibt der sich im 82. Lebensjahr befindliche Pater als Ziel aus.
Aus Zwittau stammt bekanntlich auch Oskar Schindler, aus der Nähe von Zwittau der am 24. September 2016 in Würzburg seliggesprochene Pater der Marianhiller Missionare Engelmar Unzeitig (1911-1945). Am 23. Februar 1942 kam Pater Habiger in Zwittau – „einer deutschen Stadt“, wie er betont – zur Welt. Er merkt auch an, dass seine Mutter in der Schule Tschechisch gelernt hat. Sechs Monate später, im August, ist sein Vater im Kriegseinsatz gefallen. Der Vater arbeitete als Maschinenmeister im Schlachthaus in Zwittau, die Mutter konnte nach dem Tod des Vaters die Wohnung im Schlachthaus mit den drei Buben behalten. Die Vertreibung erfolgte zu Jahresbeginn 1946, Pater Clemens war knapp vier Jahre jung. „Es war ein sehr kalter Januar. Die Mutter hat nicht viel mitnehmen können. Es hieß ‚Raus aus der Wohnung!‘ Die Mutter hat irgendwelche Sachen zusammengepackt - die Papiere, die gefehlt haben. Einfach weg, in den Zug hinein. Es war ein Viehtransport in einem Güterzug. Es gab keine Heizung. Die Männer haben Ziegelsteine aufeinandergeschichtet und Feuer gemacht. Da es ein Viehwaggon war, gab es keine Fenster, nur oben die Lüftungslöcher. Deshalb sind alle nach oben geklettert, um frische Luft zu bekommen.“ An dieses prägende Geschehen kann sich Pater Habiger bis heute erinnern, ebenso an die Episode kurz darauf. Irgendwo hat der Zug gehalten, die Mutter verließ den Zug, um etwas zum Essen zu organisieren. Als er merkte, dass der Zug ohne sie weiterfahren sollte, weinte er so heftig, dass dies unterblieb.
Endstation war das etwa 500 Kilometer von Zwittau entfernte Eichstätt, das als Ziel auch beabsichtigt war. Da Habigers Verwandte alle in dem Zug waren, gelangten auch alle in die oberbayerische Kreisstadt. Unterkunft für die Vertriebenen war zunächst eine Art Feldlager in einer Turnhalle. „Wir waren angenommen in Eichstätt. Es war für Eichstätt auch ein Gewinn“, blickt Pater Habiger zurück. Denn damals – 1946/47 – verdienten die meisten verbliebenen Männer, viele waren ja gefallen oder noch in Kriegsgefangenschaft, ihren Lebensunterhalt im Steinbruch. Die Neuankömmlinge hatten Berufe – „meine Mutter waren Schneiderin, meine Tante Friseurin. Das war eine Bereicherung für die Stadt Eichstätt. Es war ein problemloses Zusammenleben mit den Einheimischen, schon im Kindergarten“, schaut der Kapuziner-Pater auf diese Zeit zurück. In der Familie wurde der Zwittauer Dialekt – eine Mischung aus Fränkisch und Wienerisch – gesprochen, mit anderen redete man bairisch. Übrigens hatte er einen prominenten Firmpaten: Hans Schütz, Mitbegründer der Ackermann-Gemeinde, war ein Freund seines Vaters und übernahm gerne diese Aufgabe. So ergaben sich bald auch Kontakte zur Ackermann-Gemeinde und weiteren sudetendeutschen Gruppen und die Teilnahme an Wanderungen, Ausflügen und sonstigen Veranstaltungen. „Von meiner Mutter ist nie ein Vorwurf gegen die Tschechen gekommen. Sie wollte aber auch nicht mehr zurück“, gibt er die Gedanken der Mutter wieder. Mit ihr ging er als Kind und Jugendlicher jeden Sonntag zur Frauenbergkapelle hinauf, wo er auch die Orgel gespielt hat - ein wichtiger Punkt für die religiöse Sozialisation.
In Eichstätt besuchte der Pater die Grundschule, dann das Gymnasium (heute Gabrieli-Gymnasium), wo auch seine musikalischen Talente gefördert wurden – er erlernte Klavier, Blockflöte und Geige, viele weitere Instrumente kamen später noch dazu. Natürlich war er auch Messdiener, aber auch hier in einer ganz besonderen Funktion, nämlich „Domkapitel-Ministrant“. In jenen Jahren lernte er auch die Kapuziner bzw. die von ihnen angebotene Jugendarbeit kennen. Mit der Folge bzw. dem Entschluss, dass er dem damals noch in Eichstätt ansässigen Konvent der Kapuziner (Auflösung 2009) im Jahr 1962 beitrat. Seine ursprünglichen Berufswünsche als Bub - Lokomotivführer (Begeisterung für Dampfloks) oder Zuckerbäcker (Konditor) – waren damit passé. In Eichstätt stand nun vielmehr das Studium an der Philosophisch-Theologische Hochschule im Vordergrund. „500 Kapuziner gab es damals alleine in Bayern, heute sind es etwa 130 in ganz Deutschland“, gibt der Pater zu bedenken. Nach der Priesterweihe 1968 in Eichstätt war der neue Kapuziner-Pater zunächst in Altötting und – als Kaplan – in München tätig, ehe er nach Regensburg kam. Hier hatten die Kapuziner im Stadtwesten im Kloster St. Fidelis ihr Domizil.
Für Pater Clemens bedeutete die neue Wirkungsstätte ein erneutes, weiteres Studium: zum einen im Musikbereich, zum anderen in der Schulpädagogik. Denn er sollte als Volksschullehrer tätig werden, was er dann auch in der Regensburger Konradsiedlung sowie in Pressath in der nördlichen Oberpfalz einige Zeit machte und dabei fast alle Klassen in nahezu allen Fächern unterrichtete. Doch nach der Zweiten Staatsprüfung zum Lehramt wurde er mit einer neuen Aufgabe betraut. In Regensburg wurde die Stelle eines Stadtjugendseelsorgers geschaffen, die Pater Clemens übertragen wurde. Hier lernte er die Vielschichtigkeit von Jugendarbeit kennen, aber auch die Brennpunkte und besonders die sich daraus ergebenden Aktivitäten. Deutlich wurde ihm dabei immer mehr, dass einige Tätigkeiten – vor allem im sozialen Bereich – nur schwer unter den Vorgaben der Ordensregeln zu leisten sind. Es kam zu ersten Reibereien mit den Ordensoberen, nach sechs Jahren beendete er die Stadtjugendseelsorge, doch die Grundlagen für den Einsatz für Bedürftige und Notleidende waren gelegt.
„Ich muss rausgehen, unter den Leuten sein!“ Diese Prämisse verfestigte sich immer mehr, auch durch Begegnungen und Kontakte in der Bahnhofsmission bzw. in einem Übergangswohnheim für Männer (unter anderem ehemalige Strafgefangene). Hier leistete Pater Clemens zunächst einmal pro Woche Nachtdienst. Dies verstärkte seinen Willen, aus dem Kloster auszuziehen und eine eigene Wohnung zu beziehen – was jedoch kirchenrechtlich eigentlich nicht vorgesehen war. Drei Jahre lang dauerte das Hin und Her, bis der Orden schließlich einlenkte: Pater Habiger konnte in eine eigene Wohnung ziehen, gehört aber weiterhin zu den Kapuzinern. Vom Ordinariat gab es zunächst kein Geld, erst sehr viel später überwies die Diözese für seine Tätigkeit eine Summe an den Orden, die Höhe kennt er bis heute nicht. Natürlich tragen auch Spenden dazu bei, dass er so wirken kann wie er es für richtig hält.
Mit privatem Geigenunterricht, sowie am Albrecht-Altdorfer-Gymnasium, in dessen Nähe seine Wohnung war, verdiente er das Geld für die Miete, den Lebensunterhalt und für seine Tätigkeit. Folgende Aspekte kristallisierten sich heraus: Begleitung von Junkies, um von der Drogensucht wegzukommen; Besorgung von Wohnungen für Obdachlose; Hilfen beim Erlernen von Berufen. Für den Kapuziner-Pater ist dabei auch wichtig, dass diese Personen zum Essen oder Übernachten zu ihm in die Wohnung kommen können, zumal es sich oft um eine persönliche Betreuung über einen längeren Zeitraum handelt.
Die Begegnungen mit den Männern im Übergangswohnheim führte zur ehrenamtlichen Betreuung von Gefängnisinsassen und schließlich dazu, dass Pater Clemens 25 Jahre die Aufgabe des Gefängnisseelsorgers in Regensburg ausübte und bis heute Inhaftierte betreut. „Noch heute bedanken sich viele für die Seelsorge, konkret für die Gottesdienste und die Predigten“, schildert der Geistliche. Denn er hat sozusagen seinen eigenen Ritus: die alte Gitarre ist fast immer dabei, er greift die Situation der Leute auf, seine Predigten sind existentiell, leidenschaftlich und lebensnah, und er lässt auch zu, dass über seine Predigt diskutiert wird. Ob die Gottesdienste im Gefängnis – getrennt nach Männer und Frauen – oder die Christmette für Obdachlose, die Kirchen und Räume sind immer voll oder gut besetzt, wenn Pater Habiger zelebriert. „Die Leute kennen mich und ich kenne die Leute“, bringt er die einfach zu verstehende Philosophie seines Wirkens auf den Punkt. Dass andererseits sein Begriff der Nächstenliebe kompromisslos und umfassend ist, führt dazu, dass ihm sein Tun manchmal alles abfordert. Aber trotzdem lautet sein Fazit: „Der Schritt in die ‚Selbständigkeit“ war der richtige Schritt.“
Natürlich steht er auch für die herkömmlichen pastoralen Aufgaben – Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen – als Seelsorger zur Verfügung. Und – wie bei der letztjährigen Nepomuk-Feier in Mariaort – für die Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg. Denn damit schließt sich quasi der (Lebens)Kreis. Auf dem Computer zoomt er gerne via GoogleMaps auf Svitavy (der deutsche Name „Zwittau“ ist dort nicht präsent) und macht sich auf die Suche nach seinem Geburtshaus. „Das ist mein Geburtsort, da bin ich geboren. Da kommt das Gefühl auf, daheim zu sein“, erklärt er tief bewegt. Zwar war er bereits ein paar Mal in Zwittau, aber er wünscht sich, „nochmals dort am Marktplatz zu stehen. Ich bin stolz, Zwittauer zu sein. Ich fühle mich als Bewohner von Zwittau“, bekennt er. Ebenso möchte er nochmals nach Assisi, denn dem Heiligen Franziskus fühlt er sich – auch mit seinem Wirken - eng verbunden, nicht nur weil die Kapuziner dessen Regeln übernommen haben. Und als Seelsorger hat er – besonders auch für Vertriebene und Flüchtlinge – einen Rat bzw. Satz parat: „Wer bei sich daheim ist, ist überall daheim!“ Mit anderen Worten: Wenn man sich gegenseitig annimmt, dann klappt das Miteinander.
Häufig schreibt Pater Habiger außerdem Kolumnen für das Regensburger Sozialmagazin „Donaustrudl“. Für sein langjähriges demokratisch-couragiertes Wirken erhielt er im Jahr 2017 von Pax Christi die Auszeichnung „Einspruch wagen! Preis für Zivilcourage“. Sein Lebensmotto „Als Mensch unter Menschen leben“ wurde damit eindrucksvoll gewürdigt.

Markus Bauer

Stanislav Přibyl - Neuer Bischof von Leitmeritz

P. Th.D ThLic. Ing. Stanislav Přibyl CSsR wurde am 16. November 1971 in Prag-Strašnice geboren. Er absolvierte die Fachoberschule für Vermessung. Nach seinem Abschluss trat er ins Noviziat in Lubaszow, Polen (1990–1991) ein und legte anschließend die Ordensgelübde der Redemptoristen ab. In den Jahren 1991–1996 studierte er an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Karls-Universität und absolvierte gleichzeitig die Ausbildung am Erzbischöflichen Priesterseminar in Prag. Nach seiner Priesterweihen im Jahr 1996 war er Pfarrvikar in Svatá Hora (1996–1999) später dort Pfarrer (1999–2008). In den Jahren 2002–2011 bekleidete er das Amt des Provinzials der Prager Provinz der Redemptoristen.
Im Jahr 2004 wurde er Präsident der Caritas der Erzdiözese Prag. Dort war er bis Ende 2008 tätig. Im selben Jahr wurde er zum Mitglied des Priesterrates der Erzdiözese Prag ernannt.
Im Jahr 2012 erlangte er das Lizentiat in Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Karls-Universität in Prag und im Jahr 2014 promovierte er dort zum Doktor der Theologie. Im Jahr 2019 schloss er sein Magisterstudium an der Fakultät für Sozialökonomie der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität in Aussig im Bereich Finanzen und Management ab. Derzeit studiert er Geschichte der bildenden Künste an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität mit Schwerpunkt auf die Persönlichkeit des dritten Prager Erzbischofs, Jan von Jenštejn.
Von 2009 bis 2016 war er Generalvikar der Diözese Leitmeritz. Seit dem 1. Oktober 2016 ist er als Generalsekretär der Tschechischen Bischofskonferenz tätig; leitet das Sekretariat dieser Dachorganisation für die Aktivitäten der katholischen Kirche in der Tschechischen Republik und vertritt sie in den Medien.
Zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zählen Musik, insbesondere Orgelspielen, und Fotografieren. Er kommuniziert auf verschiedenen Ebenen in Polnisch, Deutsch, Englisch, Italienisch und Französisch.
Die Informationen über den neuen Bischof wurden in der Kathedrale zu Leitmeritz am 23. Dezember um 12 Uhr bekannt gegeben, im Beisein des derzeitigen Bischofs von Leitmeritz Jan Baxant, der Priester und der Gläubigen sowie des Rates der Apostolischen Nuntiatur in der Tschechischen Republik, Mons. Giuseppe Silvestrini, der den Apostolischen Nuntius in der Tschechischen Republik, Judas Thaddeo Okola, vertrat. Die Bischofsweihe und zugleich Amtsübernahme von P. Stanislav Přibyl erfolgt am Samstag, 2. März 2024 im Rahmen der Heiligen Messe ab 11 Uhr in der Kathedrale St. Štěpán in Leitmeritz.

Karel Havelka
Domdekan der Kathedrale in Leitmeritz

Josef Nuzík – neuer Erzbischof von Olmütz

Josef Nuzík wurde am 25. Juli 1966 in Strání (Bezirk Uherské Hradiště) geboren, wo er zusammen mit seinen zehn Geschwistern – vier Brüdern und sechs Schwestern – in einer Bauernfamilie aufwuchs. Nach dem Abitur an der Berufsmittelschule in Slovácké strojírny in Uherský Brod im Jahr 1984 arbeitete er bis Mai 1989 in diesem Maschinenbau als Dreher. In dieser Zeit absolvierte er auch einen zweijährigen Grundwehrdienst.
Im Herbst 1989 begann er seine Vorbereitung auf das Priestertum mit dem Studium an der römisch-katholischen Theologischen Fakultät St. Kyrill und Methodius in Prag in Litoměřice, und nach einem Jahr setzte er sein Studium an der Theologischen Fakultät des Hl. Kyrill und Methodius der Palacký-Universität in Olomouc fort. 1994 wurde er zum Diakon geweiht und diente als Diakon in der Pfarrei Nový Jičín, wo er später – nachdem er am 17. Juni 1995 vom Erzbischof von Olomouc, Jan Graubner, zum Priester geweiht worden war – auch als Pfarrvikar tätig war.
Ab Sommer 1996 war er als Pfarrvikar in den Pfarreien Luhačovice und Pozlovice tätig, 1997 wurde er zum Administrator der Pfarrei Nivnice ernannt und gleichzeitig verwaltete er auch die Pfarrei Korytná, wo er später bis 2003 als Pfarrer tätig war. In diesem Jahr wurde er zum Pfarrer in Štípa bei Zlín ernannt und verwaltete gleichzeitig die Pfarrei Hvozdná, während er auch Dekan des Dekanats Vizovice war.
2005 wurde er zum Vizerektor des Erzbischöflichen Seminars in Olomouc ernannt, wo er vier Jahre lang tätig war. 2009 ernannte ihn Erzbischof Graubner zu seinem Generalvikar, in dieser Zeit wurde er auch zum Domherrn des Metropolitankapitels von St. Peter ernannt. St.-Wenzels-Kirche in Olomouc.
Am 5. Juli 2017 ernannte ihn Papst Franziskus zum Titularbischof der Diözese Castro Galbae im Gebiet des heutigen Algerien und zum Weihbischof von Olomouc. Am 14. Oktober 2017 wurde er von Erzbischof Jan Graubner zum Bischof geweiht. Als Generalvikar übernahm er die Verantwortung für die Ressorts Wirtschaft und Personal.
Am 4. Juli 2022, zwei Tage nachdem Erzbischof Graubner die Erzdiözese Prag übernommen hatte, wählte der Beirat Bischof Nuzík zum Administrator der Erzdiözese Olmütz. Am 9. Februar 2024 ernannte ihn Papst Franziskus zum neuen Erzbischof von Olomouc.

Erzdiözese Olmütz

 

Lothar Vierhock – neuer Pfarrer der deutschsprachigen Pfarrei in Prag

Seit September 2023 darf ich Pfarrer der deutschsprachigen katholischen Gemeinde „St. Johannes Nepomuk am Felsen“ sein. Auf diese Aufgabe freue ich mich sehr, zumal ich hier eine sehr herzliche Aufnahme in Pfarrei und im Erzbistum fand. Mittlerweile gibt es auch gute Kontakte zu deutschsprachigen Botschaften, Institutionen, Stiftungen und Verbände, so dass ich mich schon fast heimlich fühle. Prag hatte ich zu früheren Zeiten schon oft besucht. Die Tschechoslowakei war eine der wenige Länder, in die ich als DDRler reisen konnte. 1956 wurde ich in Gera/Thüringen geboren. Dort bin ich aufgewachsen und zur Schule gegangen. Aufgrund meines christlichen Glaubens konnte ich kein Abitur auf der Oberschule (heute: Gymnasium) machen, so dass ich eine Berufsausbildung zum Bergmann im Uranbergbau mit Abitur absolviert habe. Mein ursprünglicher Berufswunsch war es, Geologe zu werden. Diesen Beruf wollte ich „von der Pike auf“ erlernen. Im Laufe der Zeit hat sich allerdings gezeigt, dass ich auch in diesem Bereich wegen meiner christlichen Überzeugung keine Perspektive haben konnte. So entschloss ich mich schließlich, Theologie zu studieren und Priester zu werden. 1984 wurde ich in der Kathedrale in Dresden zum Priester geweiht. Meine Kaplanszeit verbrachte ich in der Pfarrei „St. Johannes Nepomuk“ in Zwickau. In der „Wendezeit“ mit der friedlichen Revolution war ich wieder am Philosophisch-Theologischen Studium in Erfurt und am Priesterseminar als Assistent und Präfekt tätig. Äußerst interessant und prägend waren für mich auch die Jahre von 1991 bis 1998 im Bischöflichen Ordinariat in Dresden. Dort leitete ich die Abteilung Pastoral mit vielfältigen Aufgaben und Diensten. Es folgten 16 Jahre, in denen ich als Propst und Dekan in Leipzig meinen Dienst verrichtete. Die „alte Propsteikirche“ war auf schlechten Grund gebaut und baufällig geworden, so dass ein Neubau der Kirche im Zentrum der Stadt – wie durch ein Wunder – möglich wurde. Ab 2015 bin ich nun im Ausland bei den deutschsprachigen Gemeinden tätig. Zuerst 2 ½ Jahre in Hong Kong, dann 6 Jahre in Moskau und – wie erwähnt – seit September 2023 in Prag. So konnte ich mir einen reichhaltigen Schatz an Lebens- und Glaubensvollzügen in verschiedenen Teilen der Weltkirche aneignen.
Das sind freilich nur die einige äußere Fakten meines Lebens. Getragen wurde ich in all den Jahren durch die Zuversicht, des Getragen- und Geborgenseins in Gott. Mein Primiz Spruch ist mir wie ein Leitmotiv geblieben: „Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet.“ (Röm. 12, 12)

Pfarrer Lothar Vierhock

Priester und Diakon in der gegenwärtigen Kirche

Exerzitien für Priester, Diakone und Ordensleute

Auf Einladung des Sudetendeutschen Priesterwerks nahmen an den Exerzitien vom 19.-23.11.2023 in St. Ottilien 15 Priester und Diakone aus den Diözesen Augsburg, Bamberg, Eichstätt, München, Regensburg und Würzburg teil.
Als Exerzitienleiter konnte Prof. Dr. Ludwig Mödl gewonnen werden. Die Feier des Stundengebetes und der Eucharistie bereicherte täglich den Tagesablauf, wobei die Vesper um 18 Uhr mit den Mönchen und den Besuchern gebetet wurde. Das Leitthema der Exerzitien lautete: „Priester und Diakon in der gegenwärtigen Kirche.“
Dazu hielt Prof. Mödl sieben Impulsreferate:
1. Vortrag: Situation und Perspektiven
2. Vortrag: Das dreigestufte Amt
3. Vortrag: Die Rollen der Amtsträger heute
4. Vortrag: Verkünder in der Liturgie
5. Vortrag: Communio
6. Vortrag: Diakonischer Dienst
7. Vortrag: Praktische Vorschläge

Die Frage des Synodalen Weges, ob es heute überhaupt noch Priester braucht bzw. welche, war neben der sinkenden Zahl der Priester wie der anderen pastoralen Mitarbeiter der Ausgangspunkt. Alle deutschen Diözesen hätten die Strukturen verändert – leider mit wenig theologischen Überlegungen, sondern nach Organisations-Gesichtspunkten, wie Prof. Mödl bedauerte.

Der 2. Vortrag diente dem dreigestuften Amt.
Ausgehend von den bei Paulus für sein Gemeindeverständnis konstitutiven Bilder “Leib“ und „Bau“ formulierte der Referent die These: Vermutlich waren judenchristliche Gemeinden eher nach dem synagogalen Prinzip organisiert, während heidenchristliche Gemeinden nach römischen Vorschriften geleitet wurden. Diese sahen eine Vorstandschaft vor.
Lukas habe seine Wünsche der Gemeinde, wie er sie gerne gehabt hätte, in die Anfangszeit zurückprojiziert. Im Unterschied zu Paulus kenne er Älteste.
Wahrscheinlich habe es in diesen Ortskirchen Leitungsgremien wie in den Synagogen gegeben. Frauen in den frühen Gemeinden spielten eine große Rolle – wohl auch als Leiterinnen von Hausgemeinden.
Die Bezeichnungen in der frühen Christenheit entstammten fast alle dem weltlichen Bereich: Bischof (Aufseher), Diakon (Bedienstete), Presbyter (Ältestensenat). Wichtig sei bei den beiden Ämtern vom Episkopen und Presbyter, dass sie die Lehre mit der Gemeindeleitung verbanden.
Prof. Mödl stellte sodann eine Engführung vor allem des priesterlichen Amtes fest, das dann durch das II. Vatikanische Konzil erweitert wurde. Dieses gebe zwar für den Bischof genauere Umschreibungen, nicht aber für den Presbyter und den Diakon, was nun ein großes Problem bringe. Da bei dem auftretenden Mangel von Priestern und Diakonen Laien haupt-, nebenamtlich und ehrenamtlich eingesetzt werden müssen, würden die Aufgabenbereiche unscharf und damit die Aufgabenbeschreibungen für Priester und Diakone nicht mehr eindeutig. Die Praxis werde da Eindeutigkeiten schaffen müssen. Die Weihe-Ämter behielten aber ihre besondere Bedeutung. Impulsfragen waren hier:
1. Wie verlief meine Berufung?
2. Wie verstehe ich meine Aufgabe?

Im 3. Vortrag ging es um die Rollen der Amtsträger heute.
Bei drei Handlungsfeldern ist das erste Feld das ausgesprochen religiöse Tun. (Gebet, Verkündigung und Liturgie), das zweite die Communio: Um das eigentlich Religiöse gemeinschaftlich konkret werden zu lassen, brauche es die Gemeinschaft (Kirche als Leib Christi). Drittes Handlungsfeld ist die Diakonie: Nach der Apostelgeschichte wurden Tischdienst und Verwaltung des Geldes zum Verkündigungsort. Aus Zuständigen für das Helfen und Organisieren entwickelte sich das Amt des Diakons. Zur Diakonie gehöre neben den caritativen Diensten das Mitgestalten des gesellschaftlichen Lebens (Gesellschaftsdiakonie, z.B. Flüchtlingshilfe), und das kulturelle Mitgestalten durch die Kirche bzw. kirchliche Personen (Kulturdiakonie).
Jeder Christ sei in allen drei Handlungsfeldern in irgendeiner Weise aktiv, in Gebet, Liturgie und Verkündigung. Die Amtsträger hätten aber spezielle Funktionen:
1. Der Bischof garantiere u.a., dass Verkündigung, Gebet, Liturgie im Sinne des Evangeliums verwirklicht werden.
2. Der Presbyter partizipiere am geistlichen Leitungsamt des Bischofs und gehöre zum Sacerdotium, handele aber in Abhängigkeit und Einheit mit dem Bischof.
3. Der Diakon solle die lebenspraktische Seite allen geistlichen Tuns repräsentieren.
Nun sei das dreigestufte Amt nicht so zu verstehen, dass nur jeweils ein Amtsbereich ausschließlich von diesen Vertretern geleistet werden müsse.
Alle drei seien nicht nur als funktionierende Handlanger zu verstehen, sondern als persönlich mit Christus verbundene Vertreter der Christus-Repräsentanz. Der Amtsträger stehe damit als Hirte, als Liturge oder als Lehrer bzw. Dienender der Gemeinde gegenüber und leite bzw. begleite das Handeln.
Das II. Vatikanische Konzil sage wenig über den priesterlichen oder über den Diakonen-Dienst. Die erste Aufgabe zumindest des Priesters (und wahrscheinlich auch des Diakons) sei die Verkündigung. In 1 Kor 9,16 heißt es: „Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, gebührt mir deswegen kein Ruhm; denn ein Zwang liegt auf mir. Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“
Drei Besonderheiten hebe Paulus hervor:
a) Gesandt von oben (Ich verkündige nicht mich.)
b) Leben vom Evangelium – Sustentatio
Wir dürfen vom Evangelium leben, aber nicht an ihm verdienen. Ein Geistlicher wird nicht nach seiner Leistung bezahlt, sondern bekommt, was er braucht, um anständig leben zu können. Die Aufgabe dieses Prinzipes mache ein Problem: Ein Geistlicher sei im Gegensatz zum Laienmitarbeiter quasi immer im Dienst, auch in seiner Freizeit.
c) Allen alles werden (auf die Leute eingehen, sie nicht überfremden, sie nicht indoktrinieren, ihr Wohl meinen und nicht das der Institution Kirche)
Zum Nachdenken:
1. Gesandt bin ich vom Herrn
2. Ich lebe für das Evangelium und lebe von ihm – nicht nur im Äußeren.
3. Ich bin für alle gesandt, dass sie Christus finden und ein Leben im Sinne Christi leben.

Im 4. Vortrag ging es um die Verkündigung in der Liturgie.
Wie muss die Art der Verkündigung beschaffen sein, wenn sie Teil der Liturgie sein und zugleich für das christliche Leben Hilfen anbieten soll? Und wie muss die Liturgie selbst beschaffen sein, dass in ihr auch Verkündigung geschieht?
Vorkonziliar rede die Predigt so vom Glauben und von der rechten Gestaltung des Lebens , dass sie die Menschen befähige, in den Gottesdienst zu gehen und an dem präsentischen Erlösungsgeschehen, das Christus für uns geleistet hat und an dem die Anwesenden partizipieren dürfen, teilzunehmen.
Gemäß der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils heiße Predigen, die in Lesungen und anderen Verkündigungsformen vermittelten Glaubenskundgaben im Horizont der Lebenserfahrung und der Einsicht zu deuten und für die Lebensgestaltung fruchtbar zu machen. Daraus ergebe sich, dass die Sprache der Predigt alltagssprachlich orientiert sein muss und in den aktuellen Interessenhorizont der Hörerschaft hineintreffen soll.
Zum Nachdenken:
1.Unterschiedliche Aufgaben haben die Teile der Liturgie. Sie sollen beheimaten, erfreuen und zum Handeln bewegen.
2. In all diesen Teilen geschieht Verkündigung. Die Predigt aber muss argumentativ, theologisch und lebenspraktisch Orientierung geben.

Der 5. Vortrag befasste sich mit dem Dienst in der Communio.
Prof. Mödl machte zwei Gruppen aus, „Konservative“ und „Progressive“, die sich in der Auseinandersetzung je auf das Konzil beriefen. Dort finde sich in den Texten tatsächlich eine zweifache Bedeutung des Begriffes „communio“.
Für die einen müsse die Gemeinschaft menschenfreundlich, gerecht, praktisch-konkret und engagiert (Zeichen von Erlösung und Heil inmitten einer Welt des Leides und der Todverfallenheit) sein.
Die anderen meinten: Wir sind eine weltweite Gemeinschaft von Leuten, die das gleiche glauben, die von einer hierarchischen Führung geleitet werden und die gemäß der gemeinsamen Überzeugung die Gesellschaft konkret mitgestalten, also einen universalen Missions- und Kulturauftrag haben.
Zwei Tendenzen machte der Referent aus:
Möglichst viele bringen ein, was sie können. Wenn aber die wirklichen "Könner" einer Sache anderwärts voll eingespannt sind, zeige sich oftmals, dass manches weniger professionell durchführt wird als man eigentlich annehmen möchte. (Tendenz eines solchen Gemeindemodells Richtung Sekte oder Freikirche gehend - mit aller dort üblichen Provinzialität und Amateurmentalität).
Die gegenteilige Tendenz entwickele die Kirche der Professionellen. Sie handeln gleicherweise stellvertretend im Presbyterium oder auf der Chorempore wie in der Caritas. Das Kirchenvolk wirke nur innerlich und finanziell mit. Diese Professionellen sähen aber zu wenig die wirklichen alltäglichen Sorgen der Menschen (kirchliche Aktivität oft auf Liturgie beschränkt).
Unser Umfeld habe sich so sehr geändert, dass keiner dieser communio-Begriffe mehr die tatsächliche Situation treffe. Deswegen sei Umorientierung nötig, um zurechtzukommen und neu unsere Rolle zu finden.
2. Neue Rollenverteilung
Hier problematisierte Prof. Mödl die Situation in den Ordinariaten: Wenn weltliche Finanzfachleute o.ä. zum Beispiel im Ordinariat Priestern als Dienstvorgesetzte zugewiesen würden, werde das spezifisch Priesterliche auf das Funktionelle eingeschränkt. Dann stelle sich die Frage, was das Spirituelle ausmache und lasse nach der Bedeutung der Weihe fragen.
Diese Engführung führe zu einer Selbstsäkularisierung kirchlicher Vorgänge und der Kirchenleitung selbst („Religionsfirma“). Was hierbei nicht mehr berücksichtigt werden könne, sei die Idee, dass die Kirche und damit communio vom Altar her gebildet wird.
Daraus folgerte Prof. Mödl: Die communio muss in ihren verschiedenen Ausprägungen neu strukturiert werden.
In den Bildern des Paulus für die communio (Leib und Bau) wird hervorgehoben: Kirchliche Gemeinschaft gibt es nicht ohne Christus. Als Sicherung dessen gebe es das dreigestufte Amt von Bischof, Priester und Diakon. Alle drei gehörten ins Sakrament, hätten aber eine besondere Repräsentanz. Sie garantierten, dass die Kirche nicht eine Religionsfirma sei, nicht ein Dienstleister in Sachen Sinngebung. Christus wird ja so gegenwärtig. Er wird hörbar im Wort derer, die von ihm sprechen, er wird sichtbar im Zeichen von Brot und Wein, und seine Nähe wird ahnbar in all den Hinweiszeichen, die in den Künsten, den Liturgien und vor allem in all den Liebesbezeigungen getätigt werden.
Zum Nachdenken
1. Kirche ist Gemeinschaft von glaubenden Menschen, die sich um Christus versammeln.
2. Das zentrale Handeln heißt Beten und Lieben.
3. Die geweihten Amtsträger sollen garantieren, dass in allen kirchlichen Aktivitäten deutlich bleibt: Christus ist die Mitte.

Der 6. Vortrag lautete „Diakonischer Dienst“.
Unter Hinweis auf die Gerichtsrede Jesu (Mt 25,40) formulierte Prof. Mödl: Das Maß der Zugehörigkeit zum Himmelreich bemisst sich nach dem Maß der geschenkten Liebe, die sich im konkreten Handeln beweist.
Da das Leben Jesu nicht auf die Dienste an den Armen und Witwen beschränkt war, sei neben der Solidardiakonie (helfende Diakonie) die Gesellschaftsdiakonie und die Kulturdiakonie zu nennen.
a) Caritative Diakonie
Caritative Diakonie zeigt sich im Helfen, das die Liebe des Ewigen spiegeln soll und das den Menschen zur Selbsthilfe befähigt (im Helfen eine gegenseitige Solidarität).
b) Gesellschaftsdiakonie
Der Glaube soll in der Gesellschaft etwas von den lebensbejahenden Elementen unserer Religion spürbar machen (Mithilfe beim Aufbau eines menschenfreundlichen Klimas und guter Lebensbedingungen für alle).
c) Kulturdiakonie
Mit Hilfe von Sprache, von Zeichen, von Gesten, von Musik, von Inszenierungen lassen sich in größerer Wahrhaftigkeit die Tiefen des Wirklichen offenlegen.
Die Kirche brauche also die verschiedenen Künste, um sich darzustellen in der Verkündigung, um ihre Liturgie zu gestalten und um das menschliche Umfeld mitzuprägen.
Der Bischof ist laut Prof. Mödl der Mann der Communio, der Presbyter ist in erster Linie für Verkündigung und Liturgie bzw. Sakramentenspendung zuständig. Er muss wie der Bischof die Präsenz Christi, des Hauptes, symbolisieren und sein Wirken garantieren.
Das Ganze brauche funktionelle Führung und die permanente Erinnerung. Deshalb brauchten wir wieder den Diakon als Handelnden in und als Repräsentationsfigur der Diakonie.
Er sei der Mann fürs Praktische und müsse im Caritativen, im Sozialen, im Organisatorischen und im Fachbezogenen aktiv werden. Das vorzutragende Evangelium solle den Klang des Praktischen haben, Auslegung und sonstige Predigt  praktisch orientiert sein. Die Regie der Feier habe dafür zu sorgen, dass alles einen würdigen und die Spiritualität fördernden Charakter behält.
In den Bereichen würden Diakone gebraucht, damit die Kirche nicht vergesse: Wir haben in der Welt etwas vom kommenden Reich Gottes einzubringen. Deshalb sei das Amt des Diakons ein Amt, das der Person anhafte und so auf Dauer und lebenslang gelte und nicht der Einzelbeauftragung bedürfe – wohl aber der Leitung des Bischofs (wie beim Presbyter).
Zum Nachdenken
1. Das praktische Leben ist der Ernstfall des Christentums. Die dreigestufte Diakonie beschreibt die Bereiche, in welchen das Christentum sich bewähren muss.
2. Dazu kommt noch die eschatologische Sicht, die dem Ganzen innewohnt, da das Jenseits keine vom Diesseits unabhängige Lebenswelt darstellt, sondern dem Diesseitigen im göttlichen Bereich Bedeutung gibt.

Im abschließenden 7. Vortrag ging es um praktische Vorschläge zum Aktivwerden.
Den Menschen sollten die Kirchenräume als geistliche Ruheräume geöffnet werden. Sie hülfen auch denen, die mit dem Gottesdienst nichts mehr anfangen können, zur Besinnung und zum Ruhen vor Gott.
Das sollten in jeder Kirche Glaubende ermöglichen, die dafür sorgen, dass der Kirchenraum aufgesperrt wird, und dass dort ein gemeinschaftliches Gebet stattfindet (z.B. Rosenkranz, Kreuzweg oder eine andere Form gemeinschaftlichen Betens bzw. Singens.) Der Bezug zur Eucharistie ist durch die Anwesenheit Christi im Tabernakel gegeben.
Den Menschen müsste geholfen werden zu beten (Wiedereinführung des häuslichen Gebetes; privates Beten unterwegs und nebenher).
In jeder Kirche oder Kapelle könnte eine bestimmte Kultur gepflegt werden (Gestaltung der Gottesdienste, unterschiedliche Formate der Verkündigung oder besondere regelmäßige Aktionen von Kunst bzw. Verkündigungs-Events).
Der Sonntag sei neben dem geistlichen Erinnern auch ein Tag des Genießens – der Natur, der Kultur und der Menschengemeinschaft. In Ländern der Dritten Welt könnten etwa die Leute stundenweise ihre Kinder im Kindergarten abgeben, sportliche Gemeinschaftsaktionen, Diskussionsrunden oder Christenlehre durchführen.
Die Menschen suchten niemals Religion allein. Daher müsse immer ein lebenspraktischer Gewinn dazu kommen, solle Religion wirklich zu einem Teil der Lebenspraxis werden.
Ein möglicher Anknüpfungspunkt für heutiges Tun: Im Kommunismus waren es Großeltern und einfachen Christen, die den Glauben in aller Stille lebten und weitergaben in den einfachen Formen der Volksfrömmigkeit: Vaterunser, Kreuzzeichen, Weihwasser, ein Bild verehren, theologisch einfache Sprachformeln benützen und im Sinne Christi mit den Leuten umgehen.
Man sollte auch wieder die halbliturgischen Gebetsfeiern stärker fördern  (Segnungen von Osterbrot, von Kindern bei bestimmten Anlässen, von Fahrzeugen, von Tieren usw.) Viele Menschen hätten Sehnsucht nach Schutz und „gesegneten“ Hilfen.
Gemeinschaften von Menschen, die gemeinsame Interessen haben, sollten kirchliche Versammlungs-Räume geöffnet werden (Trauergruppen, Elterngruppen, Mutter-Kind-Gruppen, Familien-Gruppen usw.).
Anstöße für die caritative Diakonie
Wir müssten sehen, wo die Gesellschaft gerade etwas braucht und Helfer mobilisieren.
Gut seien gelegentlich öffentlich wirksame Aktionen, die auf Entwicklungen bzw. Fehlentwicklungen aufmerksam machten (z.B. durch Pressearbeit, Aktionen vor Ort oder durch Bildungsveranstaltungen).
Anstöße für die Kulturdiakonie
Neue Elemente sollten zugelassen werden im Kirchenraum, bei den Veranstaltungen und im Gemeindeleben- bei hoher Qualität - von der Musik bis zum Kirchenschmuck, den Gewändern usw.
Der Kontakt mit Künstlern aller Richtungen sei unverzichtbar und als diakonische Aufgabe anzusehen.
Prof. Mödl fügte am einen Schlussappell am Ende seiner Ausführungen an:
Die neue Situation der Großpfarreien zwinge dazu, sog. theologischen Laien dafür zu gewinnen, dass sie aktiv und selbständig in den Handlungsfeldern der Kirche mitwirken, bei den eigentlichen religiösen Aktivitäten, dem gemeinschaftlichen Tun in Pfarrei bzw. Kirche und der Diakonie. Geistliche Amtsträger nehmen dabei eine leitende Funktion ein: Organisieren, Verkünden, Anregen. Sein Rat dazu lautete: Einfach an einem Punkt anfangen in der Gewissheit: „Unsere Hilfe ist im Namen Herrn“, des mächtigen Herrn, „der Himmel und Erde erschaffen hat“.
Zum Nachdenken
1. Beten und lieben sind der Ernstfall des Glaubens. Alles andere rankt sich um diese beiden Aktivitäten.
2. In Zeiten von Umbruch und Reduktion ist es wichtig, an einem Punkt anzusetzen und Menschen zum Mitmachen zu motivieren.
3. Hauptaufgabe des Priesters und Diakons ist es zu verkünden, damit die Menschen das Beten und das Lieben lernen.

Diakon Diethard Nemmert

Jahrestagung und Mitgliederversammlung 2024

vom 03.-06.03.2024 fand im Schloss Fürstenried in München die Jahrestagung und die Mitgliederversammlung des Sudetendeutschen Priesterwerks statt. Nach einem mitbrüderlichen Austausch am Sonntag-Abend stand am Montag-Vormittag ein Vortrag zum Thema „die Situation der Kirchen in der Ukraine“ auf dem Programm. Sachkundiger Referent war vom Collegium Orientale in Eichstätt.
Etwa 2/3 der Einwohner der Ukraine bezeichnen sich als Glaubende, davon wieder sind 94% Christen. Im Jahr 2014 waren 70% der Bevölkerung orthodox, 7% griechisch-katholisch und 1% römisch-katholisch.
Bis 2018 gab es in der Ukrainischen Orthodoxie die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche, die dem Moskauer Patriachat zugeordnet war und die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriachats, sowie eine Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche. Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriachats und die Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche schlossen sich 2019 zur Orthodoxen Kirchen der Ukraine zusammen, die vom Patriarchen von Konstantinopel anerkannt wurde, jedoch nicht vom Moskauer Patriarchen. Auch der Ukrainische Präsident Poroshenko hatte großes Interesse an einer nationalen von Moskau unabhängigen Ukrainischen Kirche. Dennoch gibt es weiterhin die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche, die dem Moskauer Patriachat unterstellt ist.
Ferner gibt es in der Ukraine drei Katholische Kirchen, die Ukrainisch Griechisch-Katholische Kirche, die römisch-katholische Kirche und die Ruthenische Griechisch-Katholische Kirche.
Die Geschichte des osteuropäischen Raums wird von Russen und Ukrainern unterschiedlich interpretiert. Beide führen die Existenz ihrer Völker und Staaten auf den Heiligen Großfürsten Wolodymyr oder Wladimir zurück. Die aus dem Kyiver Rus hervorgegangen Völker der Russen, Weißrussen und Ukrainer verbindet der orthodoxe Glaube.
Wladimir Putin interpretierte die Geschichte in einer Rede „Über die historische Einheit der Russen und Ukrainer“ im Juli 2021 wie folgt:
Die Ukraine war nie ein unabhängiger Staat und ist keiner. Sie ist ein untrennbarer Teil Russlands. Ukrainische Unabhängigkeit sei inspiriert und finanziert von Russlands Feinden. Großrussen, Weißrussen und Kleinrussen sind ein Volk. Sie alle seien durch die gleiche Sprache, gleiche Traditionen und denselben orthodoxen Glauben vereint.
„Ich bin überzeugt, dass die Ukraine echte Souveränität nur in Partnerschaft mit Russland erreichen kann“, so Vladimir Putin.
Den Krieg rechtfertige er mit der Aussage „Wir verteidigen unsere Leute auf unseren historischen Territorien“.
Dem entgegen steht die Ukrainische Sicht ihrer Geschichte: 1991 hat die Ukraine ihr Ziel erreicht, nämlich die staatliche Unabhängigkeit. Die Ukraine hat eigene Sprache Kultur und Tradition, die sich von der russischen unterscheidet. Die Ukraine hat das Recht, sich frei zu entwickeln.
Diese unterschiedlichen Sichtweisen führen auch zu großen Spannungen innerhalb der Orthodoxie, zwischen den Patriarchen von Konstantinopel und Kiew auf der eine und dem Patriarchen von Moskau auf der anderen Seite.
Am Montag-Nachmittag stand ein Ausflug zur Blutenburg im Nordwesten von München auf dem Programm. In der gotischen Schlosskapelle beteten die Teilnehmer der Jahrestagung die Vesper und feierten die Hl. Messe.
Msgr. Rainer Boeck war von 2016-2023 Diözesanbeauftragter für Flucht, Asyl und Integration der Erzdiözese München und Freising. Er sprach am Dienstag-Vormittag über seine Erfahrungen in dieser Aufgabe.
Er blickte zunächst auf die eigenen Familiengeschichte zurück, denn seine Mutter stammte aus Haslau bei Asch im Egerland und kam nach dem Krieg als Heimatvertriebene nach Bayern.
Biblische und Spirituelle Quellen der kirchlichen Flüchtlingsarbeit sind das Buch Exodus, das davon spricht, dass Fremde aufzunehmen sind, denn „ihr seid selber Fremde in Ägypten gewesen“, sowie die Regel des Hl. Benedikt, die sagt, dass man Fremde wie Christus aufnehmen soll.
In den Pfarrgemeinden gibt es auf der einen Seite Helferkreise, die sich der Flüchtlinge annehmen, andererseits aber auch Gleichgültigkeit und Dessinteresse.
Die Teilnehmer brachten auch ihre Erfahrung ein, so dass es zu einem lebhaften Austausch kam.
Dem Referenten war es wichtig, hinter den Zahlen den Menschen zu sehen, der aufgrund von Krieg, Verfolgung oder wirtschaftlicher Not seine Heimat verlassen hat. Ebenso wichtig ist es, in den Flüchtlingen nicht zuerst eine Belastung, sondern eine Chance zu sehen und ihnen auch die Möglichkeit zu geben, durch Arbeit einen Beitrag für unsere Gesellschaft zu leisten.
Bei der Mitgliederversammlung konnte der Erste Vorsitzende Holger Kruschina von den Veranstaltungen im vergangenen Jahr berichten, wie das deutsch-tschechische Priestertreffen, die Urlaubswoche für tschechische Mitbrüder und die Jahresexerzitien. Diese Veranstaltungen finden auch in diesem Jahr wieder statt.

Mathias Kotonski